Emotionale Gewalt an Kindern – Der unsichtbare Missbrauch in der Kindheit

Es ist Dir vielleicht nicht gleich bewusst, dass Du möglicherweise psychische Gewalt in Teilen erfahren hast, da sie im Gegensatz zur körperlichen Gewalt viel subtiler funktioniert. Und dennoch ist sie verantwortlich für einige blaue Flecken auf der Seele, negative Glaubenssätze über Dich selbst und große emotionale Blockaden. Sie wird meist nur in Dir wirksam und ist von außen vielleicht nicht sichtbar. Erfahre in diesem Artikel mehr darüber, wie sie funktioniert & wie Du diese Erlebnisse verarbeiten kannst.

Warum funktioniert psychische Gewalt in der Kindheit?

Tatsächlich ist diese Form der Gewalt von Eltern bzw. allen möglichen erwachsenen Begleitpersonen oder engen Vertrauenspersonen gegenüber Kindern sehr subtil und gleichzeitig nicht minder wirksam als körperliche Gewalt. Sie wirkt nicht körperlich, sondern auf der psychischen Ebene unter anderem durch:

Beispiele für emotionale Gewalt:

  • Abwertende Sprache
  • Entzug von Liebe
  • Manipulation
  • Herabsetzung der Person
  • Mißachtung von Grenzen
  • Absprechen eigener Empfindungen

und führt den Betroffenen in einem toxischen Abhängigkeitsmuster. Dies kann dazu führen, dass er komplett die Verbindung zu sich selbst verliert. Da ein Kind jedoch für das Leben/ die Entwicklung auf die Eltern/ Bezugspersonen angewiesen ist, wird es immer bereit sein, dem zu begegnen im Austausch für Liebe/Sicherheit/ Anerkennung. Es ist somit eine wirksame, wenn auch für den Betroffenen als Kind nachhaltig nicht gesunde Coping-Strategie, um zu überleben.

Wende ich als Elternteil emotionale Gewalt an?

Weiter unten nenne ich einige Beispiele für emotionale Gewalt (und hier schließt sich wieder der Kreis zur gewaltfreien Kommunikation: auch alleiniges Belohnen & Bestrafen zahlt auch darauf ein!)

Vielleicht stellst Du auch als Elternteil beim lesen des folgenden Abschnitts fest, dass du als Elternteil auch einige Punkte davon machst. Daher wichtig:

Nobody ist perfect und ich bin mir sicher, jedes Elternteil und jede Begleitperson gibt sein bester. Für emotionalen Mißbauch ist u.a. natürlich entscheidend, wie oft, wie lange und von wie vielen erwachsenen Begleitpersonen diese toxischen Muster ausgeführt wurden. Und ob es sich um ein regelmäßiges Muster oder eine Ausnahmehandlung handelt. Und wie bewusst sich das Elternteil darüber ist und vielleicht sogar bereit, daran zu arbeiten.

Toxische Abhängigkeit vermeiden: Eigene innere Arbeit

Als Coach erlebe ich es häufig: Je mehr innere Arbeit das Elternteil selbst gemacht hat (d.h. Felder beleuchtet, die im Schatten liegen in z.B. inneres Kind-Arbeit, Arbeit an der Selbstregulation/ Nervensystem-Regulation, mehr Resilienz aufgebaut, Selbstliebe etabliert) – je besser gelingt es, in der Begleitung des Kindes nicht in toxische Muster zu rutschen.

d.h. Ratgeber lesen und Wissen über Bedürfnisorientierung ist für mich nur die halbe Miete. Ich erlebe es immer wieder in meiner Praxis:

Wenn du als Elternteil nicht gleichzeitig deine innere Arbeit machst, lernst, Dich nicht so schnell triggern zu lassen, Deine angestaute oder schnell ausbrechende Wut zu kontrollieren und auszudrücken und so immer resilienter wirst, nur dann kann von innen nach außen auch die Beziehung zum Kind erblühen.

Ganz wichtig: jedes Elternteil handelt nach bestem Wissen und Gewissen und kann auch nur selbst das weitergeben, was er/ sie selbst erfahren hat. Jede Generation entwickelt sich weiter und je nachdem, wo die vorherige Generation steht/ gestartet ist/ geendet hat, kannst Du dort anknüpfen.

Daher geht es mir mit diesem Artikel nicht um Schuldzuweisung, Shaming oder Fingerzeigen, sondern um Bewusstmachung und Aufklärung, damit Du Dich im besten Fall immer besser als Elternteil davon lösen kannst von den möglicherweise in Dir wohnenden oder erlebten toxischen Mustern, und selbst unabhängigere und noch gesündere Beziehungen zu Deinem Partner oder Deinen Kindern leben kannst.

Beispiele für Emotionale Gewalt/ Anzeichen für toxische Handlungsmuster

Hier nun einige alltagsnahe Beispiele, wie sich psychische Gewalt gegenüber Kindern zeigen kann:

  • Deine Gefühle wurden Dir regelmäßig abgesprochen „Was heulst Du schon wieder“, „stell Dich nicht so an“
  • Dir wurde nicht vetraut: „Lüge nicht schon wieder“, „ das glaubst Du doch selbst nicht“
  • Deine Bedürfnisse werden nicht ernst genommen und ihnen nachgegangen: „Ist nicht so schlimm“, „das ist jetzt halt so“
  • Wenn Deine Entscheidungen nicht der Präferenz der Erwachsenen entspricht, wirst Du herabgesetzt, ignoriert, belächelt für Unreife oder bestraft
  • Deine vermeintliche Unzulänglichkeit ist ständig Thema: „Du verstehst das nicht“, „du bist zu blöd“
  • Deine Handlungen werden zu Deiner Identität: „du bist so blöd, dass Du das vergessen hast“ statt: „Schade, dass die Mütze weg ist, hast Du sie in der Schule liegen gelassen?“ – so können negative Glaubenssätze entstehen
  • Liebe ist abhängig von Deinen Leistungen – bei guten Leistungen wirst Du sehr gelobt, bei schlechten mit Liebesentzug bestraft oder gerügt oder sollst Dich schuldig fühlen oder schämen.
  • Wenn Du von etwas begeistert bist, was Deine Eltern nicht gut finden, reden sie es Dir aus oder machen es so lange schlecht, bis Du die Lust daran verloren hast
  • Dein Äußeres wird ungefragt bewertet, gelobt oder kritisiert und wird stark mit Deinem Wert als Mensch verknüpft: „Wie du aussiehst, denken doch alle…“, „so gehst Du nicht vor die Tür, sonst…“
  • Wenn Du etwas kaufst, wird Deine Auswahl abgewertet und Du wirst angehalten, das zu nehmen, was die erwachsene Person favorisiert
  • Die Außenwirkung Deiner Handlungen ist wichtig und Du wirst ständig mit anderen Kindern verglichen
  • Emotionale Nähe (Umarmungen, Küsse, regelmäßige Nähe, Trost) & Berührungen sind Mangelware
  • Du wirst im Konflikt als Spielball zwischen den Parteien eingesetzt
  • Wenn Dir etwas versprochen wurde, wird es nicht immer eingehalten oder gar wird Dir abgesprochen, dass es ein Versprechen gab
  • Du musst Dinge tun, weil man die eben so macht, obwohl Du es partout nicht möchtest (Hobby, Botengänge etc)
  • Wichtige Entscheidungen werden Dir nur mitgeteilt, Deine Gefühle dabei oder Bedürfnisse, einbezogen zu werden, werden nicht ernst genommen
  • Wenn Du etwas gut gemacht hast, wirst Du als „Aushängeschild“ nach außen präsentiert
  • Deine Grenzen werden überschritten oder nicht beachtet: z.B. wird einfach ohne klopfen  Dein Zimmer betreten (auch wenn Du nicht da bist) oder Du wirst während der Pflege im Badezimmer gestört
  • Dinge an Deinem Körper werden ungefragt kommentiert und Du dafür (öffentlich) abgewertet (Piercing, Augenbrauenform, Haarschnitt, Gewicht, Kleidungsstil, Make Up)
  • Du wirst ohne Einleitung intime Dinge über Dein Leben gefragt (z.B. Deine Verhütung, Deine Vorlieben etc.)

Vielleicht kommen Dir einige Dinge bekannt vor, vielleicht nicht. Die Liste ist eine Mischung aus gelebten Erfahrungen aus der Kindheit meiner Klientinnen als auch gesammelte Beispiele aus der theoretischen Lehre. Sie müssen nicht alle oder überwiegend zutreffen, damit emotionale Gewalt stattfindet, können es aber auch.

Im Erwachsenenalter können die oben beschriebenen Handlungen folgende mögliche Folgen haben:

Mögliche Auswirkungen im Erwachsenenalter können sein:

  • Du schaffst es nicht, in gesunde Beziehungen zu kommen ohne Co-Abhängigkeit (mehr dazu hier:https://jennifersieck.de/drama-dreieck-eigenmacht/) – die Muster der Kindheit wiederholen sich so in Deiner Beziehung, weil Du Menschen „anziehst“, die toxisch agieren – Da dein System gewohnt ist, dass es sicher ist, sich so zu binden
  • Du lässt Dich sehr leicht triggern, explodierst sofort oder unterdrückst Deine Gefühle – weil Dich jede kleine Situation an eine aus der Kindheit erinnert, die schmerzhaft war und unverarbeitet ist
  • Du hast einen eher geringen Selbstwert
  • Du fühlst Dich abhängig vom außen und wirst „people pleaser“ – Du stellst die Bedürfnisse der anderen über Deine
  • Du lässt Dich sehr leicht von Aussagen Anderer triggern und verunsichern
  • Du machst Deinen Selbstwert vom Außen abhängig
  • Du hast das Gefühl, dass Du nicht richtig bist, wie Du bist und vergleichst Dich viel mit anderen
  • Du hast große Schwierigkeiten, Deinen Gefühlen zu vertrauen und ihnen nachzugehen (erlaubst Dir z.B. keine Wut oder Enttäuschung auszudrücken), da sie Dir oft abgesprochen wurde
  • Du hast das Gefühl, dies oder jenes nicht zu verdienen (Partner, Glück, ein sinnerfülltes Leben)
  • Du fragst oft Andere um Rat, bevor Du etwas anfängst oder entscheidest
  • Du wirst ein Magnet für toxische Paar-Beziehungen oder Freundschafts-Beziehungen in Co-Abhängigkeit, die die Charakterzüge der „Opfers“ in Dir erhalten mehr dazu: https://jennifersieck.de/drama-dreieck-eigenmacht/
  • Wenn Du Kinder hast, fällt es Dir schwer, sie in ihren Gefühlen anzunehmen, weil Du sie Dir selbst nicht erlaubst/ absprichst/ von ihnen überfordert bist. Oder Du Angst vor Deinen Gefühlen hast, da Du starke Gefühle der Eltern viel zu persönlichem Leid in Deiner Kindheit geführt haben
  • Du bist sehr im Kopf und im Funktionieren gefangen
  • Du bist sehr kontrolliert und kannst Dich schwer gehen lassen, Dich hingeben oder genießen

Was jetzt?

Zunächst – wenn Du einige der obigen Handlungsmuster erkannt hast, und vielleicht auch Auswirkungen in deinem Leben als Erwachsener siehst – sit with it. Es sich bewusst machen, reicht erstmal und ist Schmerz genug. Verurteile Deine Eltern nicht dafür oder fühle Dich nicht schuldig, dass Du nichts dagegen tun konntest.

Als Kind warst Du in einem Abhängigkeitsverhältnis zu Deinen Eltern und es war eine gesunde und notwendige Strategie, dies alles zu „schlucken“, um überleben zu können und sich in Sicherheit & Zugehörigkeit zu fügen.

Gleichzeitig bist Du nun erwachsen und darfst Dich aus toxischer Abhängigkeit befreien. Was Du jetzt tun kannst, ist Dich aus diesen Mustern zu lösen, erfährst Du jetzt:

Heile emotionale Verletzungen aus der Kindheit

Komme immer mehr zurück ins Vertrauen, in Deine Freiheit und Unabhängigkeit, indem Du folgende Punkte für Dich aufarbeitest:

  • Dich wieder durch innere Arbeit mehr und mehr mit Dir zu verbinden
  • Dein Vertrauen in Dich zu stärken
  • Dein Inneres Kind zu nähren, im zuzuhören und es nachzubeeltern (Mehr zum Thema „innere Kind Arbeit“ und „Schattenarbeit“ – in den Folgewochen hier im Blog)
  • Dich bewusst in ein Umfeld begeben, dass Dich schätzt und unabhängig von Deinem Tun anerkennt
  • Dich abzugrenzen von toxischen Personen & bewusst zu entscheiden, wem Du Deine Zeit und Energie schenkst
  • Dir bewusst machen, wo Deine Grenzen sind und sie achten & für sie kompromisslos einstehen
  • Sei verbindlich mit Dir und nehme Dich ernst – in allen Gefühlen, Bedürfnissen & Wünschen
  • Schenke Dir das, was Du als Kind nicht bekommen hast oder oder zu kurz kam, jetzt selbst (etwas Materielles oder eine wilde Tortenschlacht, lauthals zu lachen, auf dem Spielplatz hoch zu schaukeln und laut zu juchzen, wild zu tanzen – ganz egal)
  • Folge der Freude: Was könnte Dich jetzt glücklich machen? Du verdienst es, dem nachzugehen! Sei es ein Milchkaffee in Deinem Lieblingskaffee, auch ganz allein zu genießen, ein neues Hobby zu beginnen, eine lang geplante Reise antreten, ein Instrument zu lernen oder oder oder)
  • Übe Dich in Vergebung – lasse die Fesseln der Vergangenheit los, indem Du Deine Energie aus der toxischen Vergangenheit befreist. Wichtig: Vergeben heißt nicht, dass Du gut heißt oder befürwortest, was war und Dich verrätst. Vielmehr nimmst Du aktiv Abschied aus der toxischen Abhängigkeit und startest in ein neues Leben als unabhängige Erwachsene. Du beweist Dir selbst, dass Du bereit bist, es Dir selbst aufzubauen und zu schenken, da Du das andere Muster nicht mehr brauchst.

Wenn das Thema Dich berührt, Du hier Parallelen zu Deinem Leben siehst und tiefer eintauchen möchtest in das Thema: Melde Dich gerne für ein Kennenlerngespräch für intensive 1:1 Arbeit mit mir. Ich bin gerne an Deiner Seite und unterstütze Dich auf diesem Weg.

Melde Dich auch gerne, wenn das Thema in Dir etwas ausgelöst hast; wenn Du Fragen, Kommentare oder Anmerkungen hast. Oder nicht sicher bist, ob Du betroffen bist, und hierüber sprechen möchtest. Schreibe mich über den Button oben rechts auf der Seite an, über das Kontaktformular oder per email unter info@jennifersieck.de

Mehr Ressourcen für Dich

Wenn Du weiter mit mir reisen möchtest, aber erstmal selbst in Themen reinschnuppern möchtest, schau Dich gerne auf dem Blog um:

Blogartikel „Heile Dein inneres Kind“ Heile Dein inneres Kind: Re-Mothering/ Re-Parenting

Blogartikel „Hochsensibilität & Hypervigilanz“ Hochsensibilität & Hypervigilanz – supersensibel oder chronisch dysreguliert?

Tiefergehende Workshops u.a. zum Thema Meditation, Hypnose, innere Arbeit & Emotionsmanagement findest du hier: Jennifersieck.de/shop

wie z.B: Dein Selbstfürsorge Booklet mit wertvollem Coaching-Input & Übungen https://www.copecart.com/products/40bdfde6/checkout

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Ich begleite Dich als systemischer Paar-& Familiencoach & angehende HP für Psychotherapie auf dem Weg zurück zu Dir.

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