Kennst Du das? „Immer, wenn ich mit dieser Person zusammen bin, fühle ich mich so hilflos und ausgeliefert“ oder „Ich kann mit dieser Freundin nicht mehr telefonieren, sie jammert immer und findet aber ohne mich keinen Ausweg“. Oder: „Mein Chef hat schon wieder meine Arbeit verurteilt, obwohl sie genauso gut war wie die meiner Kollegin!“ Vielleicht bist Du damit in einigen Beziehungen unwillentlich Teil des „Drama Dreiecks“ geworden. In der Rolle des Opfers, Retters oder Verfolgers. Wie genau diese Co-Abhängigkeit funktioniert, und wie Du aussteigen kannst, zeige ich Dir in diesem Artikel.
Das Konzept des Drama Dreiecks
Das Konzept der 3 Rollen im sogenannten „Drama Dreieck“ stammt aus der Transaktionsanalyse (Konzept zur Erklärung der menschlichen Persönlichkeitsstruktur) und wurde 1968 von Stephen Karpan entwickelt. Es zeigt auf, dass menschliches Verhalten manchmal scheinbar geheimen „Spielregeln“ folgt, aber für alle negative Folgen haben kann. Es ist wie ein dramatisches Rollenspiel in der Wirklichkeit, in der sich die Beteiligten gegenseitig manipulieren und negativ beeinflussen können.
Innerhalb verschiedener Beziehungen nimmt jeder verschiedene Rollen ein. Das ist soweit normal und auch sinnvoll. Sind diese Rollen jedoch dysfunktional und herrscht eine Verstrickung zwischen den beteiligten Personen, spricht man von einer toxischen Beziehung oder einer Co-Abhängigkeit, die sich wechselseitig aufrecht erhält. Sie ist die beste Strategie für die Beteiligten, um durch ihre Rolle und gegenseitige Abhängigkeit ihre Bedürfnisse zu erfüllen, bedingt aber, dass jeder eine bestimmte Rolle einnimmt und vom anderen in gewisser Weise abhängig ist. Keiner ist daher komplett frei und wird aus dieser Rolle heraus nicht selbstverantwortlich agieren. –> „Ich beziehe mich im Traumabond zu Dir“
(Somit ist auch die Idee der Gewaltfreien Kommunikation, unabhängig vom Anderen seinen Selbstwert und Selbstliebe zu erhalten, in dieser Verstrickung nicht wirklich möglich).
Verstrickte, toxische Beziehungen
Diese verstrickten Beziehungen können (müssen nicht!) innerhalb der Familie z.B. zwischen Eltern und Kindern auftreten, in der Beziehung zwischen Partnern, zwischen Trainern und Teilnehmern, oder zwischen Freunden sein, aber auch unter Coach und Coachee oder oder oder…. Jeder profitiert dabei von seiner Rolle und der Rolle des Anderen.
Diese Beziehungen können damit beginnen, dass jemand glaubt, jemand anders sei „schuld“ an etwas, der Andere sei falsch, man sei voneinander abhängig oder müsse dem Anderen helfen, weil er das selbst nicht kann. So beginnt die toxische Verstrickung, in der man die Eigenmacht abgibt und lernt, sich zueinander negativ zu beziehen.
Die Rollen im Drama-Dreieck
Die Beteiligten (zwei oder drei oder mehrere) beziehen sich dabei in 3 verschiedenen Rollen zueinander im Drama-Dreieck: Einer als Retter, einer als Opfer und einer als Vefolger, dazu später gleich mehr (wobei es für die Dynamik auch ausreicht, wenn sich z.B. nur „Retter“ und „Opfer“ zueinander beziehen. Es kann auch sein, dass die Rollen situativ wechseln.

Falls Du also am Ende des Artikels für Dich annimmst, dass Du auch – in welcher Position auch immer – mit jemandem oder zwei Personen so verstrickt bist, sei beruhigt. Es gibt eine Exit-Strategie (am Ende des Artikels). Diese lässt Dich dann wieder zurüc in der Eigenmacht und Unabhängigkeit kommen. Dort hinzukommen kann auch ein längerer Prozess sein (je nach Intensität der Beziehung), der manchmal professionelle Hilfe von Coaches oder Therapeuten erfordert.
Also – lies hier mal rein und schaue, ob und wenn ja, in welcher Rolle gegenüber wem Du Dich vielleicht noch co-abhängig beziehst. (Und wenn das nicht der Fall ist, wunderbar.)
Warum beziehen wir uns im Drama-Dreieck?
Die Gründe, warum es noch lohnenswert sein kann, die Rolle im Drama-Dreieck jeweils einzunehmen sind vielfältig. Die meisten von uns sind es gewohnt, dass wir uns abhängig von Anderen fühlen im Austausch für Liebe oder Anerkennung, z.B.
- durch Belohnung, Bestrafung in der Kindheit (Liebe im Austausch für Anpassung) und nachträglicher Verlust der eigenen Intuition
- der Annahme bzw. dem Glauben, dass Anderen scheinen besser zu wissen, wie wir zu sein haben (siehe der große Erfolg von bewertenden TV-Shows wie GNTM oder DSDS)
- Ur-Angst der Einsamkeit/ „dazu gehören wollen“, was uns evtl. Auflagen erfüllen lässt, die uns vielleicht nicht gut tun, um bestimmten Menschen nah zu sein (People Pleasing etc.)
- Erleben der eigenen Ohnmacht in der Biografie oder Traumatisierung, die eventuell zu einem Interesse an Machtausübung an Anderen führt.
Oder oder oder…
Meist ist die jeweilige Rolle, als Retter, Opfer oder Verfolger eine Strategie, Liebe zu bekommen, seinen Wert zu nähren oder Vertrauen zu bekommen. Sie hat somit einen klaren Sinn für die Beteiligten und schafft eine Abhängigkeit voneinander für persönliche Erfüllung. Keiner ist also per se „toxisch“, sondern hat einfach nicht gelernt oder sich nicht dafür entschieden, sich als Person unabhängig von anderen im Selbstwert zu beziehen und nutzt daher diese -für ihn dann – sinnvolle Strategie.

Welche Rollen gibt es im Drama-Dreieck?
Der Retter:
- Strategie: unterstützend.
- Credo: „Ich bin der Gute & weiß Bescheid“

Opfert sich auf und trägt gerne die Last der Anderen, um daraus Selbstwert, Liebe oder Anerkennung zu erzielen. Er ist so sehr für Andere da, dass er kaum mehr Zeit für sich selbst hat und vielleicht schon kaum eine Verbindung mehr zu sich und seinen Bedürfnissen spüren kann. Er kann sehr schlecht selbst um Hilfe bitten, da er selbst in dieser Rolle gefangen ist.
Er kann nur so weiter existieren, wenn er mit einem Opfer kooperiert und im Drama-Dreieck in der wechselseitigen Abhängigkeit agiert à als seine Überlebensstrategie. Er profitiert so quasi davon, dass andere ihre Last nicht tragen wollen oder können und um Hilfe bitten. Er spendet Trost, hilft, gibt Ratschläge, aber auch ohne Auftrag.
Im negativen Sinne: Er erhebt sich gerne über die Anderen und traut dem Opfer so nicht zu, alleine klar zu kommen (und hemmt so das eigene mögliche Wachstumspotenzial des Opfers, d.h. „ich traue Dir nicht zu, dass Du es selbst kannst, auch wenn Du dafür vielleicht Zeit brauchst oder Deine Komfortzone verlassen musst“). Im schlimmsten Fall wird der Retter so stilisiert zum Täter.
d.h er behält gerne die Kontrolle über alles, weil er alles selbst „regelt“ und kann übergriffig handeln oder (ungebetene) Ratschläge verteilen, weil er meint, es „besser zu wissen“. So kann es zu einem Machtgefüge kommen, in dem der Retter sich nicht mehr auf Augenhöhe zu seinen Mitmenschen bezieht.
Er kann es schwer aushalten abgelehnt zu werden, da sein ganzes System darauf aufbaut, gebraucht zu werden.
Ausstiegsmechanismen wäre:
Das erforschen, lernen, und etablieren von gesunden Grenzen, neue und „gesündere“ Strategien finden, Selbstwert und Anerkennung zu erhalten. Es schaffen, immer mehr unabhängig werden von der Leistung und dem „Gebraucht werden“.
Das Opfer
- Strategie: Hilfesuchend
- Credo: „Ich bin unschuldig & hilflos“

Befindet sich in Co-Abhängigkeit zum Retter/ Täter, weil es als Strategie die Hilflosigkeit wählt, um Liebe/ Selbstwert/ Anerkennung/ Mitgefühl zu bekommen. Es muss in Kooperation mit dem Retter seinen Schmerz nicht fühlen und kann sich so ein Stück weit führen und „betäuben“ lassen.
Vom Leid des Opfers lebt der Retter, da das Opferdasein die Legitimation des Retters ist, in seiner Strategie zu verharren und sie zu legitimieren.
Wenn das Opfer aussteigen möchte aus diesem Szenario, und in die Eigenmacht wachsen möchte, kann der Retter zum Täter werden, wenn er nicht auch bereit ist, aus der Co-Abhängigkeit auszusteigen. Es kann zu Konflikten führen oder Aussagen vom ehemaligen Retter wie: „Ich habe alles für Dich getan, das ist Dein Dank“ etc.
Ausstiegsmechanismen:
Der Weg in die Eigenmacht/ Selbstverantwortung kann somit, wenn sie nur von einem Teil der Beteiligten im Drama-Dreieck ausgeht, zum Ende der Beziehung führen, wenn die Anderen ihre dysfunktionale Strategie der Beziehungs-Führung nicht aufgeben möchten.
Der Verfolger
- Strategie: Konfrontierend
- Credo: „Ich habe Recht“

Er bekommt die Projektion der anderen beiden ab. Die Anderen sind immer schuld, dass Du da stehst, wo Du stehst. Er lastet anderen so eine Schuld auf, weist die Anderen zurecht und setzt sie so herab. Er ist der klassische Besserwisser. Sein Credo in der Abhängigkeit der anderen lautet: „Das geht nicht, weil Du…“. Er projiziert so seine eigene Unfähigkeit auf Andere.
Er übt ständig Kritik, lacht gerne andere aus oder macht ihnen Vorwürfe. Seine Suche nach Nähe bezieht sich darauf, die Anderen herabzusetzen.
Vielleicht hat er selbst einen geringen Selbstwert oder ihm wurde nie richtig zugehört, so dass er sich immer auf Andere beziehen muss (= Strategie), um sich selbst wertvoll zu fühlen.
Aussteigen als Verfolger
Folgende Elemenete können hier hilfreich sein: Erforschen, woher diese Gefühle rühren, wieder lernen, Selbstwert aus sich zu beziehen, sich nicht vergleichen und unabhängig von Anderen Frieden und Glück zu empfinden. Vertrauen in sich und seinen Weg zu finden.
In welcher Rolle warst Du schonmal?
Mache Dir diese Rolle einmal bewusst und denke an die Situationen, in der sie vielleicht als Strategie nützlich war. (Das waren sie sicherlich, sonst wären sie nicht präsent bei Dir). Und wichtig: Verurteile Dich nicht dafür. Es ist nie zu spät, sich dessen bewusst zu werden und die ersten Schritte zu gehen, daraus auszusteigen.
Vielleicht nimmst Du die Rolle auch nur mit bestimmten Personen in gewissen herausfordernden Situationen oder Krisen ein. Gerade, wenn wir ausgelaugt, müde oder nicht in unserer Energie sind, sind wir anfällig für Co-Abhängigkeit und Dysfunktionalität. Manchmal kann die Rolle auch während der Konflikts oder während einer Beziehung wechseln.
Selbstreflexion & Das Drama und ich
Folgende Fragen können helfen, Dir einmal Deiner Rolle oder Tendenz der Rollenverteilung bewusst zu werden:
- Wie sprechen wir miteinander?
- Was fühle ich dabei?
- Nehme ich immer am ehesten die gleiche Rolle ein?
- Wann hat dies angefangen und was hat es mir genützt?
- Was würde passieren, wenn ich diese Rolle nicht mehr einnehmen würde?
- Was würde ich dafür brauchen, wenn ich den Anderen nicht mehr für meine Strategie-Erfüllung nutzen müsste?
- Warum scheine ich diese Beziehung noch zu brauchen/ diesen Menschen anzuziehen? Welches (alte) Muster hält er in mir noch aufrecht oder ich in mir in dieser Rolle?
Ausstieg – Stopp das Drama!
Vielleicht hast Du beim Lesen gemerkt, dass Du manchmal mit bestimmten Personen ins Drama rutscht. Das ist okay. Es kommt darauf an, wie es Dir dabei geht und wie die Person zu Dir steht.
Du hast die Macht und die Entscheidung, wie Du damit umgehst. Vielleicht ist es okay, vielleicht reicht es Dir, sich dessen erstmal bewusst zu sein oder vielleicht kann es in Deinem Fall auch nötig sein, aus dem Drama auszusteigen.
Das kann durch viele verschiedene Arten geschehen: Durch eigene innere Arbeit, dem Setzen von klaren Grenzen oder Regeln, einer neuen Definition der Beziehung oder dem Abbruch der Beziehung – je nachdem, wie offen der Andere ist. Denn Du kannst ja nur aus Dir selbst heraus agieren.

Wenn Du Dich hier in einer Position erkennst, etwas ändern möchtest und einmal tiefer ins Thema einsteigen möchtest, oder Unterstützung in der Prozessarbeit benötigst, melde Dich.
Zum Schluss
Gerne begleite ich Dich auf dem Weg, dort einmal genau hinzuschauen und halte den Raum für Dich. Wir erforschen Deine persönliche Geschichte, und sollte sich eine toxische Beziehung zeigen, die Du so nicht mehr weiter leben möchtest, lass uns hier ansetzen. Melde Dich gerne, wenn dieses Thema mit Dir räsoniert für ein unverbindliches Kennenlernen: http://www.calendly.com/jennifersieck
Mehr Ressourcen für Dich
Wenn Du weiter mit mir reisen möchtest, aber erstmal selbst in Themen reinschnuppern möchtest, schau Dich gerne auf dem Blog um:
Blogartikel „Heile Dein inneres Kind“ Heile Dein inneres Kind: Re-Mothering/ Re-Parenting
Blogartikel „Emotionaler Mißbrauch in der Kindheit“ Emotionale Gewalt an Kindern – Der unsichtbare Missbrauch in der Kindheit
Blogartikel „Hochsensibilität & Hypervigilanz“ Hochsensibilität & Hypervigilanz – supersensibel oder chronisch dysreguliert?
Tiefergehende Workshops u.a. zum Thema Meditation, Hypnose, innere Arbeit & Emotionsmanagement findest du hier: Jennifersieck.de/shop
wie z.B: Dein Selbstfürsorge Booklet mit wertvollem Coaching-Input & Übungen https://www.copecart.com/products/40bdfde6/checkout
